Wenn ich einem Gast am Telefon darauf hinweise, dass er tunlichst nicht vor 14 Uhr anreisen soll, da wir mit der Zimmerreinigung ansonsten nicht hinterherkommen, ist das ein gut gemeinter Rat. Er soll dabei helfen Stress auf beiden Seiten zu minimieren. Solange das Zimmer nicht sauber ist, können die neuen Gäste nicht einziehen. Und wenn ich vorher weiß, dass ich länger für die Säuberung eines Zimmers brauchen werde, weil ich noch andere Aufgaben bewältigen muss, drücke ich mich klar und deutlich aus: höflich, aber bestimmt.
Einmal buchte ein Einzelurlauber bei uns. Er hatte eine eigenartige weiche, zögerliche Stimme, so dass ich sofort an Michael Jackson aus der Simpsonsfolge „Stark Raving Dad“ dachte – gemein aber zutreffend. Der Herr wünschte ein Zimmer, weil er eine Fahrradtour machen wollte, Rugeshus sollte ihm als Hauptbasis dienen. Und weil ich zur Zeit des Telefonats offenbar unter spontaner Geisteskrankheit litt, gab ich ihm nicht nur ein Zimmer, sondern auch einen riesigen Rabatt, 50% etwa. Vielleicht hatte der Kerl auf Hogwarts studiert und war Hexenmeister, oder mein Verstand hatte, durch die laufende Saison, irreparablen Schaden genommen, jedenfalls meldete ich meiner Verlobten voller Stolz, dass ich eine gute Tat vollbracht habe. „Einen Fahrradfahrer, der sich nach Jahren mal wieder Urlaub genommen hat, hat bei uns ein Zimmer bekommen, zum Sonderpreis. Cool nicht?“
Das Lustige daran war eigentlich nur, dass ich von Anfang an wusste,
dass es mit dem Kerl Probleme geben würde, oder besser, dass es mit ihm
nicht leicht sein würde. Händler haben einen sechsten Sinn für ihren
Handel, Ärzte haben einen sechsten Sinn für Tumore und Hoteliers haben
einen sechsten Sinn dafür, welche Gäste Ärger machen werden und wann die
Brötchen verbrennen. Nur habe ich dieses schlechte Gefühl verdrängt,
mit dem drohenden Ärger, nicht mit den Brötchen und war genau deshalb
doppelt stolz auf mich, weil der Herr am Telefon, so seltsam er auch
klang, vor Glück zu platzen schien.
Der Gast, ich möchte ihn der Einfachheit halber das Michael nennen (wegen dem Kerl hier: https://www.youtube.com/watch?v=6t70Gf4Fcao)
rief auch noch einige Male an, um mich mit seinem Sprachorgan zu
beglücken. Ob denn alles mit der Buchung in Ordnung sei, ob denn
wirklich alles in Ordnung sei, ob denn tatsächlich wirklich alles in
Ordnung sei und dass er am Anreisetag keinesfalls vor 14 Uhr da sein
werde. Letzteres betonte er immer wieder und ich sagte ihm, dass ich das
vernünftig finde, da das Zimmer ohnehin erst ab 14 Uhr bereinigt und
bezugsfertig wäre. Dann war alles geklärt und die Monate verstrichen,
die Buchung war sehr froh erfolgt.
Michael überbrückte die lange
Wartezeit bis zu seiner Ankunft jedoch tatkräftig, indem er ein halbes
Dutzend Mal auf den AB quatschte, ob denn wirklich wirklich alles zum
Besten stehe und dass er garantiert nicht vor 14 Uhr ankäme und, wie
könnte es anders sein, ob denn tatsächlich wirklich wirklich alles
paletti sei – man will sich ja gut informieren, bevor man eine Reise
antritt. Zu jener Zeit bereute ich das erste Mal meinen sechsten Sinn
nicht beachtet zu haben.
Dann kam der Tag der Anreise und pünktlich
um 12 Uhr, als ich gerade dabei war aufzuräumen und echt keine Zeit und
keine Nerven hatte, klingelte es an der Tür. Wer könnte das sein? Ich
ließ alles stehen und liegen, rannte nach unten ins Erdgeschoss, riss
die Tür auf und da stand er:
Einen Meter siebzig groß, Mitte
vierzig, schlank, schütteres Haar braunes Haar, kreisrunde
Brillengläser, zierliche Nase passend zum runden Gesicht, das von einem
glückseligen Lächeln geziert wurde. Die Kleidung war die eines
Oberstudienrats, jedenfalls stelle ich mir so einen Oberstudienrat vor,
ein leicht vertrottelten jedenfalls. Alles an diesem Mann wirkte weich,
sein Händedrück war schlaff und feucht. „Hallo, hier bin ich“, und
Michael stellte sich vor. Er habe es doch hinbekommen früher anzukommen,
ob das nicht eine tolle Nachricht sei.
Ich seufzte innerlich und
meinte, dass das Zimmer noch nicht fertig sei und er bis 14 Uhr warten
müsse, wie am Telefon vereinbart. „Oh, dann gehe ich noch mal an den
Strand, danach wird alles fertig sein“, sprachs und entschwand, voll der
guten Laune. Prinz Wunderfroh klingelt dann knapp eine Stunde später
erneut an der Tür – ob er denn nun sein Zimmer beziehen könne. Ich
betonte nochmals, dass er noch etwas warten müsse, denn es war erst 13
Uhr und mein Terminplan war streng und prall gefüllt. Sein Lächeln, dass
auf seiner Visage festgetackert zu sein schien und seine nervöse, dünne
Stimme machten mich fast wahnsinnig. Er guckte leicht irritiert,
schließlich hatte er ja gebucht und das Recht einzuziehen. In seinem
Gesicht zeichnete sich ein ironischer Trotz ab, von wegen „Klaro, ein
Zimmer sauberzumachen dauert schließlich auch soooo lange.“
Ich war sauer, aber machte gute Miene zum bösen Spiel und bald strahlte das Annabelles Stube in ganzer Pracht.
Michael zog also bei uns ein. „Ich bezahle am Ende meines Aufenthalts“,
begrüßte er mich, als ich ihm die Rechnung bringen wollte. Ich fand es
etwas seltsam, dass er nicht höflich fragte, ob er bei der Abreise
zahlen dürfe, sondern es mal eben beschlossen hatte, wollte mich aber
auch nicht streiten. „Zum Frühstück möchte ich Margarine haben, keine
Butter. Denn ich habe eine Laktose-Intoleranz, daher möchte ich auch
laktosefreien Joghurt haben“, knallte mir mein neuer Lieblingsgast, voll
zuversichtlicher Fröhlichkeit, vor den Latz. Ohne Witz, der Kerl war
nie unfreundlich, aber er hat auch nie Bitte oder Danke gesagt. Er nahm
alles mit absoluter Selbstverständlichkeit hin. Manchmal wirkte er
pikiert, wenn irgendwas nicht so lief, wie er es erwartet hatte. Dann
veränderte sich ein Lächeln um ein My, bald schon konnte ich darin lesen
wie in einem Buch. Ein sehr schlechtes Buch, zugebenen, vermutlich
irgendein unbekannter Spiegelbestzeller, der auf dem Grabbeltisch sein
Dasein fristet, bis ihn ein barmherziger Literaturmuffel als Unterlage
für einen wackelnden Tisch kauft.
„Wir haben aber keinen
laktosefreien Joghurt und keine Margarine – tut mir Leid. Hätten sie
(damals siezte ich noch jeden) das nicht am Telefon sagen können? Dann
hätte ich mich darum gekümmert“, „Sie werden doch wohl laktosefreien
Joghurt haben“, entgegnete mir Michael nicht wenig überrascht und fast
schon empört (seine Emotionen reichten von weinerlich-ängstlich, über
fröhlich bis fast empört, darüber hinaus gab es nichts). „Ich habe
vergessen darauf hinzuweisen, aber was spielt das für eine Rolle. Dann
kaufen sie eben laktosefreien joghurt für mich.“
Vor meinem inneren
Auge sah ich mich, wie ich Michael in einem großen Becher laktosefreien
Joghurts ersäufte. „Ich werde sehen, was sich machen lässt“, gab ich
resigniert zur Antwort. Wenn man mich freundlich bittet bin ich ja zu
allem bereit, aber ein Gast der fordert und nicht mal Bitte sagt ist
schwer zu ertragen und auch sehr selten. Aber ich stand, wie gesagt,
unter dem Zauberbann dieses Hexenmeisters, also fuhr ich Blödian echt
los und kaufte nichttierisches Streichfett und laktosefreien Joghurt.
Voller Eifer, im Bewusstsein etwas verdammt Gutes zu tun, eine Tat, die
mich später, beim Tag des Jüngsten Gerichts vor den Feuern… na gut,
etwas übertrieben, aber ich war echt motiviert.
Beim ersten
Frühstücksagte mir Michael, dass er einen Tee haben wolle, frische Minze
aus dem Garten, das würde seinem Magen gut tun. Dann nahm er den Tee,
den ich ihm tatsächlich machte, den Joghurt und die Margarine mit Dank,
nur dass er sich natürlich nicht bedankte, also er nahm alles ohne Dank,
Punkt. Er verlangte diesen Extra-Tee dann jeden Morgen und nie kam auch
nur ein Kopfnicken, dass man als Dankeschön hätte auslegen können. Es
ist komisch, aber man bemerkt erst dann, wie cool eine freundliche Geste
ist, wenn man sich mit etwas Mühe gibt und keine erhält.
Egal,
dachte ich mir, ich hatte bis dahin jede Nuss geknackt, irgendwann würde
auch dieser Gast über seinen Schatten springen und wir würden gute
Freunde werden. Kurz vorweggenommen: dem war nicht so – Scheiße, nein.
Wir unterhielten uns ein wenig, er sei wohl Lehrer, beschäftige sich
mit – mein Gott ich habe vergessen womit, ich glaube mit Erdkunde, oder
so. Er war recht bewandert mit Kreide und was daraus wird und in welchen
Zeitaltern Erde zu Erde wurde. Mir war nur eine Sache klar: solche
Lehrer wurden von Satan persönlich gezüchtet, damit sie auf der Welt
unartigen Kindern zustoßen sollten. Vielleicht denkt ihr nun: Mensch,
der Kerl war vielleicht ein wenig undankbar und exzentrisch, aber ist
das ein Grund so über hin herzuziehen? Dazu kann ich nur sagen: ihr habt
ihn nicht erlebt. Seid dankbar und mehret euch – glaubt mir.
Weiter.
Damals gab es noch eine Zimmerreinigung pro Tag, ich putzte also das
Bad und das Schlafzimmer, während die Gäste unterwegs waren – einer der
Gründe, warum ich nicht vereinbarte Anreisen vor 14 Uhr so sehr mochte.
Und dann, am nächsten Morgen, als ich Michael seine Margarine vorsetzte,
gab er mir die erste Standpauke. Ich habe beim Zimmerreinigen wohl ein
Fenster auf Kippe gelassen, wodurch zwei Mücken ins Zimmer eingedrungen
seien. Er habe lange mit ihnen gerungen und schließlich, mittels eines
Tricks, die blutdürstigen, surrenden Ungeheuer im Bad eingeschlossen.
Nur so konnte er ein wenig Schlaf finden und war am nächsten Morgen
dennoch zerstochen. Er wies mich an, nie wieder ein Fenster bei ihm zu
öffnen und erwartet wohl eine Entschuldigung, die ich zähneknirschend
ihm gab und einen Preisnachlass, den ich ihm nicht gab. Dann bestellte
sich der Mückengepeinigte ein Abendessen: Seelachs in Sahnedillsoße, mit
Gemüse und Salzkartoffeln. Er wolle, so der Gepeinigte, der jeden Tag
nur Brot und Käse auf seinem Zimmer aß, diesen Abend etwas Warmes
genießen.
Das Essen wurde serviert und vollständig verputzt, das war
das Lob, denn ein anderes gab es nicht, Trinkgeld blieb ebenfalls aus.
Muss ich erwähnen, dass ich extra laktosefreie Sahne gekauft hatte? Muss
ich erwähnen, dass diese kleine Nettigkeit sich weder im Preis der
Speise, noch im Kommentar des Gastes wiederspiegelte? Es war einfach
eine Selbstverständlichkeit und Selbstverständlichkeiten muss man nicht
würdigen. Bedanke ich mich bei der Klofrau, wenn die Toiletten sauber
waren? Ja… wenn ich so darüber nachdenke… ja ich tue es, aber das tut
jetzt nichts zur Sache. Die meisten anderen tun es nicht, basta.
Am
nächsten Tag kam Michael völlig aufgelöst zu mir geeilt. „Oh Herr
Scharff, sie müssen mir helfen. Bitte kommen sie in mein Zimmer“ und er
eilte voraus, gefolgt von meinem glasigen Blick. „Fuck!“ dachte ich mir
nur, sorry, aber so ist es. Was konnte er nun schon wieder wollen?
„Ich habe die Fenster geschlossen gehalten“, setzte ich an, doch da
stand Michael bereits mit herunter gelassener Hose vor mir. Jetzt ist es
soweit, dachte ich mir, jetzt werde ich ihn umbringen müssen.
„Bitte, können sie mal hier gucken? Ich glaube ich habe eine Zecke!“,
quiekte Michael kläglich und deutete auf eine Stelle, am Oberschenkel.
Mein Blick schweifte gedankenverloren zur Zimmerdecke, dann nach draußen
in die Natur – ruhig bleiben, das war nun ganz wichtig. Ich wusste
nicht wie ich mit dieser Situation umgehen soll, denn ich möchte meine
Gäste in der Regel nicht in Unterhosen sehen und ihre bleichen Beine
begucken. Aber ich dachte mir, dass das alles einem höheren Zweck diene
und ich tat ihm den Gefallen. Ich trat ein paar Schritte näher und
bückte mich – das war der typische Moment in „Two and a half men“, wenn
jemand zur Tür herein kommt und uns in flagranti erwischt und einen
flachen Witz reißt. „Ja, es ist eindeutig eine Zecke“, gab ich
geflissentlich zu Protokoll. „Oh nein, was soll ich nun machen?“,Michael
schien ehrlich besorgt zu sein und da tat er mir Leid – er tat mir oft
Leid. Also versprach ich ihm Abhilfe zu schaffen, er solle nur einen
Moment warten. Er bekam von mir eine Pinzette und Betaisodona-Salbe und
konnte sich so dann an die Selbstoperation wagen. Bald schon gab er mir
das Behandlungsbesteck und die Salbe zurück, wieder kein Dankeschön. Ich
war mir mittlerweile sicher, dass er nie gelernt hatte Danke zu sagen,
oder dass der Fehler bei mir lag. Vielleicht hatte Knigge ja in seinem
neuen Buch festgelegt, dass man zwar am Tisch laut rülpsen, aber niemals
jemanden ein Danke an den Kopf knallen darf.
Einmal wollte er
für zwei oder drei Tage nach Schweden übersetzen und danach
wiederkehren. Dafür hatte er lange Zeit alles akribisch geplant: wann
die Fähre kommt, wann er losfahren muss (er wollte mit dem Rad fahren
und das Auto bei uns lassen), wie und wo er Geld umtauschen muss und so
weiter. Doch einen Tag vor der großen Fahrt bemerkte er, dass er
irgendwie doch nicht genau wusste, wann die Fähre nun ablegen sollte –
ich habe keinen blassen Schlimmer, was das Problem war, aber Michael war
kurz davor Amok zu laufen. Er verlangte mein Festnetztelefon, ich weiß
nicht mehr warum er nicht von seinem Zimmer aus telefonieren wollte,
keine Ahnung. Ich weiß nur, dass er nach viel Action die Sache wohl
zufriedenstellend abschließen konnte. Kein Dank für meine Hilfe, ist
doch klar, ich lebe um zu dienen. Dann brauchte er, warum auch immer,
Kleingeld – vielleicht um es besser in Kronen umtauschen zu können. Ich
sollte ihm sein Geld wechseln. Keine Bitte, keine Frage, nur eine
Feststellung. Ich meinte, dass das leider nicht gehe, dass ich selbst
gerade nicht genug Kleingeld habe – er quittierte das mit seinem „Alles
klar…“-Lächeln und klopfte nun solange an Zimmer 2, bis der dort
befindliche Gast vollkommen genervt die Tür öffnete, es war um 22 Uhr.
Der Gast, der einen langen Tag hinter sich hatte, wollte wissen, was
denn um Himmels Willen los sei. Ich stand in der Küchentür und habe es
live miterlebt. „Ich brauche Kleingeld, können sie wechseln?“, der Gast
aus Zimmer 2, ein großer Hüne, bestimmt 1,98 groß, sehr stämmig und in
keiner guten Stimmung, schien sprachlos zu los. „Nein“, sagte er knapp,
„Aber ich brauche Kleingeld. Vielleicht haben Sie Euromünzen? Nur ein
paar.“, „Nein!“, der Gast schloss seine Tür energisch. Michael trollte
sich und sah so verzweifelt, so erbärmlich aus, dass ich meine Würde im
Klo herunterspülte und ihm einen Zehneuroschein wechselte – kein Dank,
eher ein Gesichtsausdruck der verhieß „Warum nicht gleich so?!“
Am
nächsten Tag fuhr er dann, hoch zu Rad, entspannt gen Fähre, kam kurz
darauf viel unentspannter zurückgeschossen und meinte, dass er sich
irgendwie in der Uhrzeit verrechnet habe und nun doch mit dem Auto
fahren müsse. An dieser Stelle nur eine kleine Anmerkung: seine
komplette Verplantheit sei mal so dahingestellt, denn ich wäre auch
nicht besser, aber seine schiere Verzweiflung, seine panische Angst
etwas falsch zu machen, verloren zu sein in einer harten und grausamen
Welt, all das hätte mich an seiner Stelle dazu bewogen, gar nicht erst
so ein halsbrecherisches Unternehmen anzufangen. Soll er doch machen was
er will, aber nicht andere noch mit hinein ziehen, mich nicht und schon
gar nicht andere Gäste. Schön und gut, er kam nach einigen Tagen zurück
und erzählte mir eine lustige Begebenheit, die ihm wiederfahren war.
Ich habe den Witz vollständig verdrängt, aber er war so lustig wie eine
Physikklausur, für die man nicht gelernt hat. Er musste sich jedoch über
diese kleine Anekdote so herzhaft und feucht beeumeln, dass ich einen
respektvollen Schritt rückwärts machte, um der Speichelexplosion
auszuweichen.
Ihr trauert darum, das sich besagten Brüller vergessen
habe? Nun, Posttraumatisches Syndrom, mehr sage ich dazu nicht. Das
Gehirn löscht Dinge, die einem das Weiterleben erschweren würden, kluges
Teil.
Schließlich kam der Tag der Abreise und er sollte bezahlen und es stellte sich heraus, dass er wieder mal ein Kleingeld hatte, nur Scheine. Es waren, schlagt mich tot, 238,80 Euro und er hatte nur 240 Euro, was in den Augen dieses korrekten Menschen nicht angehen konnte. Also suchte er solange in seinen Taschen, bis er mir den Betrag, bis er triumphierend ein paar Münzen ausgrub und mir den erforderlichen Betrag, auf den Cent genau, aushändigen konnte. Er machte dabei einen so glücklichen Eindruck, als habe er mir damit einen großen Dienst erwiesen – wie einer Kassiererin bei Edeka, der man die 13,37 Euro ganz exakt in die Hand gibt, damit sie nicht wechseln braucht. Eine kleine gute Tat, die gar keine ist. Und trotzdem erfüllt sie uns mit Stolz. Nach seiner finanziellen Großtat packte Michael seine Sachen und meinte, dass es ein guter Urlaub war und verließ Rugeshus.
Hier endet die kleine Geschichte um den Gast Michael. Sein Name wurde verändert, versteht sich, vielleicht hat es auch nie einen Gast Namens Michael gegeben und er steht nur symbolisch für eine ganz spezielle Gattung von Gästen, die sich kein Hotelier wünscht. Aber wie dem auch sei, ich hoffe ihr kommt uns mal in Rugeshus besuchen, vielleicht nur, um mal danke zu sagen, muss ja nicht immer ein Grund dahinter stecken. Dankeschöns kommen immer gut an, oder nicht?
Euer Benjamin