Buchenlicht (Kapitel 2)(Geschichte)

„Darauf kannste wetten, gegen Prinzessin Allesweiß wirkten sogar Dinge einigermaßen klug, die ansonsten nicht für ihren hohen IQ bekannt waren. Dazu zählten:

Gurken (grüne, nicht die gelben Dinger)
Hosenträger
Ameisenhügel
Zimmerpflanzen
Mistgabeln
Radieschen
und
Quarktosteln (Eine süße Kuchenspezialität, die man früher überall auf Rügen aß und deren Rezept leider verloren ging – man munkelt aber, dass es noch Bäcker geben soll, die Quarktosteln backen können. Es aber nicht tun, jedenfalls nicht öffentlich, aus Angst vor der NSA – die sehen alles!)“

Diese Erklärung flüsterte Hagen so leise, dass sich alle Anwesenden wie bei einer geheimen Sitzung der Freimaurer vorbeugten, um besser verstehen zu können, auch die alten Damen und die Polizisten und ab diesem Moment hatte er sie, Hagen seine Zuhörer meine ich. Jetzt waren es SEINE Zuhörer und er hatte sie in der Hand, wie immer wenn er ein Spontanchen erzählte.
„All jene Dinge waren bedeutend klüger als unsere Prinzessin“, fuhr er fort, „Genau in der Reihenfolge. Ein Hoflehrer hat diese Top 7 aufgestellt und viel Zeit damit verbracht zu beweisen, dass Ameisenhügel einen Platz vor den Zimmerpflanzen rangieren – dabei gab es zur damaligen Zeit gar keine Zimmerpflanzen. Die Menschen haben die Natur verabscheut, daher passiert in den alten Märchen alles Schlechte stets im Wald. Ich meine die guten alten Märchen, wo noch Omas in Backöfen gegrillt werden konnten, ohne dass sich die Jugendschutzbehörde darüber aufgeregt hat.

Aber warum hieß denn nun Prinzessin Allesweiß, Prinzessin Allesweiß? Na, weil sie einen extremem Weißfetisch hatte natürlich. Sie liebte alles was weiß war, vom Strumpf, bis zum Hut und natürlich Kreide, die es auf Rügen in erquicklicher Menge gab und immer noch gibt. Sie hat das Zeug anfangs gefressen, weil sie dachte es sei Zucker. Es kostete viel Kraft und Zeit, ihr den Unterschied von Kreide und Zucker beizubringen – sie fragte immer, warum Zucker so unkreidig schmeckte“, hier wurde Hagen von dem kleinen Mädchen unterbrochen, dass angewidert „Ihhhhhhhhhhh, pfui Teufel!“ brüllte und „Kreide isst man doch nicht!“ was die alten Damen in schallendes Gelächter ausbrechen ließ. Hagen kratze sich am Kopf „Tja, die Prinzessin hat‘s aber getan, die hat sich alles in den Mund gesteckt.“

Und mit einem Zwinkern zur Mutter des Mädchens fügte er hinzu: „Keine Prinzenrolle war vor ihr sicher“, das Lächeln im Gesicht der Frau erstarb. Für einige Sekunden war alles still. „Ich mag Prinzenrolle auch!“, rief dann das Mädchen aus und ihre Mutter musste so laut lachen, dass ein älterer Mann neben ihr vor Schreck seinen Gehstock fallen ließ.
„Wo war ich? Achja. Wäre Frau Allesweiß nicht so eine vollkommen saudämliche Hohlrübe gewesen, man hätte sie für eine echte Märchenprinzessin halten können – angesichts ihres Kleids, ihrer kitschigen Glitzerkrone und ihres Lieblingsrappen, der wider jede Logik natürlich auch weiß war – natürlich war er schwarz, aber man hatte dem süßen, aber leider mit einem Kopfvakuum versehenen Prinzesschen gesagt, dass es sich dabei um ein sehr dunkles Weiß handle. Der Händler hat das gesagt, denn der Händler war verdammt klug, gerissen, verschlagen, gemein, sarkastisch und er hieß Jochen Rohbauch. Und weil sein Opfer dumm war, ich glaube, ich erwähnte diesen Umstand bereits und alles besitzen musste, was weiß war, gab es den zehnfachen Preis aus, den das Pferd ansonsten erzielt hätte. Und das alles nur, um den einzigen dunkelweißen Rappen Rügens zu besitzen – wenn nicht gar der Welt. Ihr damaliger Haushofmeister ist an den Folgen eines Schädelhirntraumas gestorben, weil er sich zu oft und heftig mit der Hand gegen die Stirn geschlagen hat. „Das ist schon der Dritte in diesem in diesem Monat“, flüsterte die Köchin mit der Putzfrau. „Oh ja“, erwiderte diese gute Frau, die bereits einige Jahre im Schloss arbeitete.

„Die Prinzessin verbraucht Haushofmeister wie andere Frauen Damenbinden“, darauf sah sie die Köchin verwirrt an, „Das ist“, fügte die Putze hinzu, „eine Erfindung, die erst 1920 gemacht wird“ „Achso, gut zu wissen“, gab die Köchin geflissentlich zur Antwort.

„Ich vergaß, worüber hatte ich geredet?“, fragte Hagen und machte eigenartige Wellenbewegungen mit den Händen.
„Warum die Prinzessin Allesweiß hieß!“, rief das kleines Mädchen munter, es hatte langsam Gefallen an der Sache gefunden.
„Achja“, Hagen konzentrierte sich wieder, „dann legen wir mal los. Also ihre Haare waren weiß, durch die viele Bleiche, sie gab für Bleiche mehr Geld aus als für Schuhe. Stellt euch das mal vor. Würdest du viel Geld fürs Bleichen ausgeben?“ er wandte sich an das Mädchen. „Was ist Bleichen?“, „Richtig!“, Hagen hüpfte triumphierend auf und ab.
„Ihre Zähne waren weiß, ihre Haut war weiß. Und ständig sagte sie: „Ja, ich weiß.“, was eine Unterhaltung mit ihr sehr langweilig machte.
Und darum wurde sie Allesweiß genannt, ist doch klar, oder?“ „Klar!“ Kreischte das Mädchen.

Teile meine Geschichten, wenn sie Dir gefallen! :)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert